Als der britische Informatiker Tim Berners-Lee 1990 am Forschungszentrum CERN den ersten Webbrowser/Editor und Webserver ins Leben rief, stieß er damit eine Entwicklung an, die unser aller Leben innerhalb weniger Jahre komplett verändern sollte – das World Wide Web war geboren. [1]
Das Internet hatte zu diesem Zeitpunkt schon lange existiert: Bereits 1957 wurde eine erste Remote-Verbindung zwischen einem Server-Computer und mehreren Client-Computern hergestellt. Informationen konnten mittels eines Protokolls zwischen Server und Client ausgetauscht werden. Durch diese Technologie konnten nicht nur mehrere Personen gleichzeitig auf dieselben Daten zugreifen, sie ermöglichte auch, dass der Server-Computer mit seiner hohen Verarbeitungskapazität die Client-Computer entlastete und ihre Bedienung erleichterte.
Zunächst wurde diese Technik vom US-amerikanischen Militär im Zuge des Kalten Krieges genutzt, um eine effektivere Informationsweitergabe zu ermöglichen und so einen Vorteil gegenüber der UdSSR zu erlangen. Auch die Strategie der dezentralen Systeme wurde im Zuge des Kalten Krieges entwickelt, um den Zusammenbruch des Informationsnetzwerks bei einem Atombombenanschlag auf das zentrale Operationssystem zu verhindern.
Weitere Netzwerke entstanden in Frankreich und England: Hier wurde die neue Technologie des Datentransfers zu kommerziellen und wissenschaftlichen Zwecken verwendet.
Durch die unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte der Netzwerke wurden technische Lösungen für ganz verschiedene Nutzungsanforderungen entwickelt, so z.B. die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für mehr Datensicherheit und ein Protokoll zur schnelleren Versendung von Daten.
Schließlich wurden die einzelnen Netzwerke unter dem Begriff Internet zusammengeführt, standardisiert und über Telefonkabel für eine breite Masse zugänglich gemacht.
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Das World Wide Web ist wohl die bekannteste und meistgenutzte Möglichkeit, Daten über das Internet zu verbreiten. Andere Dienste, die sich ebenfalls des Internets bedienen, sind z.B. E-Mail, Dateiübertragungen oder Internettelefonie.
Für die Datenübertragung via World Wide Web wird ein Browser benötigt, der sich als Fenster auf dem Computerbildschirm öffnet. In die Adresszeile des Browsers wird die „Uniform Resource Locator“ (URL) eingegeben und mithilfe des „Hypertext Transfer Protocol“ (HTTP) die unter dieser Adresse abgelegte Webseite gesucht und geöffnet. Die Webseiten werden mit der Hypertext Markup Language (HTML) codiert.
Tim Berners-Lee entwickelte diese Infrastruktur während seiner Arbeit am CERN, der Schweizer Forschungseinrichtung für Teilchenphysik. Sein Ziel war die Einrichtung eines Informationsnetzes, mit dessen Hilfe die vielen Informationen sowohl am Institut als auch unter Wissenschaftlern weltweit besser verwaltet und verteilt werden konnten. Berners-Lee’s Vorgesetzten reagierten zunächst verhalten auf sein 1989 vorgestelltes Thesenpapier mit dem Titel „Informationsmanagement: Ein Vorschlag“ und es bedurfte Zeit und Überzeugungsarbeit, bis sein Projektantrag zur Ausarbeitung des Konzepts bewilligt wurde. 1993 schließlich wurde das World Wide Web vom CERN als kostenlose Open-Source-Software für die Öffentlichkeit freigegeben.
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In seinen Ursprüngen umfasst Webdesign also die grafische Gestaltung von Webseiten innerhalb des Computer-Browserfensters.
Heutzutage verschwimmen jedoch alle Grenzen. Das World Wide Web wird nicht mehr nur über Computer und nicht mehr nur durch Browser angesteuert. Online und offline sind keine klar voneinander getrennten Bereiche mehr. Apps, die andere Protokolle und Sprachen verwenden, machen dem World Wide Web Konkurrenz.
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Nicht nur Menschen, sondern auch Dinge und künstliche Intelligenzen verwenden das Internet selbstständig, werten Daten aus und lösen Aktionen aus. So scheint es, dass das Internet immer vielfältiger wird und in den verschiedensten Bereichen des Lebens Einzug erhält, das World Wide Web jedoch an Bedeutung abnimmt.
Warum es meiner Meinung nach auch mit einer zukunftsorientierten Perspektive sinnvoll ist, sich mit den Anfängen des Webdesigns zu befassen?
Das Browserfenster als zu gestaltende Fläche, die ohne festes Format, dafür aber mit Möglichkeiten der Interaktion daherkommt, hat die Anforderungen an das Design verändert. Das Surfen im World Wide Web hat sich zur Kulturtechnik entwickelt, d.h. es ist unerlässlich zur gesellschaftlichen Teilhabe. Wer heute keinen Zugriff auf internetfähige Technik hat, oder nicht weiß, wie Webseiten aufgerufen und die interaktiven Elemente darauf interpretiert werden, kann nicht (vollständig) partizipieren. Wenn es in Zukunft darum geht, Internetanwendungen mit neuen Formaten und Interaktionsmöglichkeiten zu gestalten, wie zum Beispiel Virtual Realities, kann und muss auf das im Umgang mit dem World Wide Web bereits erlernte gesellschaftliche Wissen zurückgegriffen werden. Die gestalterischen Lösungsfindungen im Webdesign lassen sich höchstwahrscheinlich auf neue Formen der Internetnutzung übertragen.