So wie in jeder anderen Designdisziplin sind die gestalterischen Möglichkeiten im Webdesign nicht nur durch die Kreativität der Designer*innen, sondern auch durch die technischen Werkzeuge und Möglichkeiten begrenzt.
Webseiten werden in ihrer einfachsten Form mit der Hypertext Markup Language (HTML) codiert. Es handelt sich dabei um eine Schriftsprache, mit deren Hilfe die codierende Person Inhalte und Struktur der Webseite so beschreibt, dass diese vom Computer im Browser angezeigt werden kann. Bestandteil des HTML sind sowohl die Inhalte, die sich an die User der Webseite richten, als auch die Befehle an den Computer. Der HTML-Code lässt sich im Browser anzeigen. [1]
Als das World Wide Web Anfang der 1990er Jahre erste Schritte machte, wurde es vor allem als Möglichkeit zum wissenschaftlichen Austausch von Informationen in Textform gesehen. Die Gestaltungsmöglichkeiten von HTML dienten daher vor allem dem Strukturieren von Texten in Überschriften, Textabsätze, Listen usw., um Übersichtlichkeit zu gewährleisten.
Doch es dauerte nicht lange, bis andere Elemente auf Webseiten auftauchten. Das erste (vollkommen unwissenschaftliche) Foto wurde bereits 1992 von Tim Berners-Lee selbst ins Netz gestellt, als sich das WWW noch in Obhut der Schweizer Forschungsinstitution CERN befand: Es zeigte die Band „Les Horribles Cernettes“, welche aus vier am CERN arbeitenden Frauen bestand.
Die kreativen und gestalterischen Möglichkeiten des Webs wurden noch im Jahr dessen Veröffentlichung von nicht-wissenschaftlichen Akteuren entdeckt und ausgelotet. Dabei spielte der 1993 veröffentlichte Mosaic Browser eine maßgebende Rolle: Es handelte sich um den ersten Browser mit grafischem Interface, der gratis und für eine breite Masse zugänglich war.
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Im selben Jahr entstand unter anderem das erste Web-Comic „Doctor Fun“ und ein Vorläufer des Livestreams:
An der University of Cambridge wurde eine Webcam auf die Kaffeemaschine in der Mitarbeiterküche gerichtet und die Bilder ins Netz gestellt, sodass die Mitarbeiter bei Aufrufen der Webseite sehen konnten, ob noch Kaffee da war oder neuer gekocht werden musste.
Die ebenfalls aus dem Jahr 1993 stammenden Webseiten „Internet Movie Database“ und „Internet Unterground Music Archive“ banden erstmals Sound in Webseiten mit ein und demonstrierten deren Eignung als Archivierungs- und Dokumentationsplattform. Auch eine Web-Zeitung, ein kollaboratives Online-Kunstprojekt und die erste Suchmaschine „ALIWEB“ wurden ins Leben gerufen und demonstrierten eindrucksvoll die Potentiale des WWW.
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Text, Ton und Interaktionsmöglichkeiten wurden also von Beginn an in Webseiten integriert, aber die Layoutmöglichkeiten in HTML waren noch sehr begrenzt. So war es in den ersten Jahren nicht möglich, mehrspaltige Webseiten zu bauen. Durch die ständige Erweiterung der Auszeichnungssprache kamen jedoch nach und nach Funktionen hinzu: 1997 wurde mit HTML 3.2 zum Beispiel die Tabellenfunktion eingeführt, die mehrspaltige Layouts ermöglichte und den Gestaltungsspielraum erweiterte. Die Sprache Cascading Style Sheets (CSS, auf deutsch etwa: stufenweise Abarbeitung von Gestaltungsregeln), die heute zum Gestalten von Webseiten verwendet wird, wurde 1996 veröffentlicht und 1998 erweitert, konnte sich jedoch in der 1990er Jahren noch nicht durchsetzen, da sie von Browsern nicht gut unterstützt wurden. [4]
Stattdessen revolutionierte erst einmal die Software Flash das Web.
Ihren Beginn markiert das vektorbasierte Webanimationstool FutureSplash Animator, welches 1996 von der Softwareentwicklungsfirma FutureWave auf den Markt gebracht und noch im selben Jahr an die Firma Macromedia verkauft und unter dem Namen Macromedia Flash weiterverwendet wurde.
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Mit Flash konnten Animationen erstellt werden und zusammen mit Videos, Sound sowie interaktive Elemente wie Buttons in Webseiten eingebaut werden. Mithilfe eines Plugins wurde dann alles im Browser abgespielt.
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Der Flash-Technologie gelang es, die Dateigrößen der Animationen und Videos massiv zu verringern, sodass Webseiten störungsfreier und schneller laden konnten – eine enorme Verbesserung zu den langsam ladenden und soundlosen GIFs der früheren Jahre.
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Eine der ersten fast komplett in Flash erstellten Webseiten wurde 1997 vom puertorikanischen Studenten Alberto Gabriel „Gabo“ Mendoza entwickelt. Sie war in ihrer Gestaltung angelehnt an Videospiele und Filme und beinhaltete unter anderem ein animiertes Intro, Musik und Soundeffekte. „Gabo“ inspirierte viele Webdesigner und -entwickler und bereitete so den Weg für „eine neue Ära des Website-Designs“, wie er selbst auf seiner Homepage verkündete.
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Flash ermöglichte außerdem die ersten browserbasiertes Spiele und die Videoplattform Youtube, und machte das so Web schnell zu einem lebendigeren und unterhaltsameren Ort.
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Inzwischen wird Flash kaum noch verwendet – die meisten Webbrowser unterstützen den Adobe Flash Player nicht mehr und Ende 2020 wird seine Verteilung und Distribution ganz eingestellt werden. Gründe für den Fall von Flash waren unter anderem die schlechte Performance auf mobilen Endgeräten, die steigende Bedeutung von Apps über dem Browser, vermehrte Computerabstürze in Folge der Verwendung des Flash Players sowie die Entwicklung von HTML5, welches nun auch Hauptfunktionen von Flash, wie die Einbettung von Videos, beinhaltete. Außerdem bewegte sich der Webdesign-Trend im Laufe der Zeit wieder weg von Animationen hin zu statischen Bildern.
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Flash hat ohne Zweifel Webdesign beeinflusst wie kein anderes Programm. Die Technologie lebt heutzutage in zahlreichen anderen Programmen weiter. Und auch der gestalterische Einfluss von Flash auf heutiges Webdesign ist enorm. Jonathan Gay, der Hauptprogrammierer von Flash, sieht die Software vor allem wegweisend in Bezug auf die Entwicklung von UX (User Experience) Design. Webentwickler*innen machten sich durch die vielen interaktiven Potentiale von Flash mehr Gedanken darüber, wie die Nutzer mit dem Computer und dem Web interagieren. Durch Flashs Zugänglichkeit und einfache Benutzbarkeit wurde Webdesign laut Jonathan Gay außerdem einer breiteren Masse geöffnet, sodass das Internet diverser werden konnte. [6]
Vergleichbar mit dem Einfluss von Flash ist laut Lars Bastholm, renommiertem Kreativchef und Mitglied der International Academy of Digital Arts and Sciences, nur die Etablierung der Breitband-Internetverbindung.
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Es klingt banal, aber ohne die Entwicklung einer schnelleren Internetverbindung mit mehr Datenvolumen könnten Webseiten bis heute nur aus Text bestehen – alles andere würde zu lange laden müssen, um praktikabel zu sein.
1996 markiert in dem Sinne ein wichtiges Jahr, da zu dem Zeitpunkt die 33,6 KB Modems auf den Markt kamen und das WWW für eine breitere Masse interessanter zugänglicher machten.
Der neue Windows 95 Computer wurde im selben Jahr mit dem Internet Explorer ausgestattet. Die Fähigkeiten dieses Browsers waren im Vergleich zu anderen Browsern zu der Zeit recht limitiert, aber dadurch, dass er standardmäßig auf dem Windows-Computer installiert war, erreichte er eine Vielzahl von Menschen, die sich sonst nicht in die Weiten des WWW getraut hätten.
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